Königstein-Mammolshain
Der Heilige Geist motiviert jeden Tag
In einer Welt voller Vergnügungen, Karrieremöglichkeiten und Konsum – was bringt eine junge Frau dazu, heute Nonne werden zu wollen? Für Schwester Lilleypushpa aus Indien ist die Antwort klar: „Wenn Gott will, dass du für Ihn lebst, tust du das und stellst es nicht in Frage.“ Ursprünglich habe sie studieren wollen, doch Gott habe andere Pläne mit ihr gehabt, denen sie schließlich gefolgt sei – zu stark war der Wunsch, ihr Leben Gott zu widmen. Das hat auch Schwester Cecilia aus Tansania so erlebt. Nach einem abgeschlossenen Pädagogik-Studium zog es sie mit aller Macht in den Orden – und diese Entscheidung vertrat sie auch vor anderen selbstbewusst: „Das ist meine Wahl und ich möchte meinen Weg mit Freude gehen dürfen.“ Für Priorin Schwester Theresia Fidelis ist der tiefe Wunsch, das eigene Leben mit Gott im Gebet zu verbringen, der einzig nachhaltige Grund, sich fürs Kloster zu entscheiden: „Alles andere wird nicht halten und nicht tragen“, sagt sie.

Im Königsteiner Stadtteil Mammolshain leben neun Heilig-Geist-Schwestern in der ehemaligen Villa Blaschek genau das Leben, zu dem sie sich berufen fühlen. Hier gründete der Mammolshainer Pfarrer Bernhard Bendel am Pfingstsonntag 1950 auf Bitte des damaligen Bischofs Wilhelm Kempf den Convent, der gerade sein 75-jähriges Bestehen mit einem großen Fest gefeiert hat. Mittlerweile gibt es 543 Heilig-Geist-Schwestern in sieben Ländern, allein in Deutschland hat der Orden neun Standorte. Er gehört zum Opus Spiritus Sancti, einem freiwilligen Zusammenschluss von fünf selbstständigen Gemeinschaften, die die Grundhaltung ihrer Spiritualität gemeinsam haben. Von Mammolshain aus verwalten die Schwestern die weltweite Gemeinschaft, die sich im Geiste des Pfingstfestes für eine Erneuerung der Welt einsetzt.
Konkret arbeiten die Schwestern in 32 Diözesen weltweit in der Gesundheitsvorsorge, im Bildungs- und Sozialwesen sowie in der Pastoralarbeit. In Mammolshain kümmert man sich um die wichtige Verwaltungsarbeit, mit wenigen Ausnahmen: Eine der Schwestern arbeitet im Elisabeth-Krankenhaus in Frankfurt und ist Mitglied im Pfarrgemeinderat in Mammolshain, eine andere pflegt eine ältere Mitschwester und eine weitere Schwester kümmert sich um die Küche. Perspektivisch möchten die Mammolshainer Schwestern wieder mehr in Kontakt mit dem Dorf kommen, Krankenbesuche anbieten und sich im Kindergarten engagieren, der einst von einer Heilig-Geist-Schwester gegründet wurde.
Alltag geprägt von Gebet und Arbeit
Das Leben in der alten Villa, einst 1892 erbaut und von den Amerikanern im Zweiten Weltkrieg als Stützpunkt genutzt, ist von Gebet und Arbeit geprägt. Vor dem Frühstück wird in der hauseigenen Pfingstkapelle die Heilige Messe gefeiert, nach dem Frühstück erledigen die Schwestern Büroarbeit. Vor dem Mittagessen wird erneut gebetet, anschließend meditiert und geruht. Nachmittags arbeiten die Schwestern weiter im Büro, vor dem Abendessen gibt es ein weiteres Gebet – und abends schließlich ein wenig Freizeit. Alles unter dem Schutz des Heiligen Geistes, der für die neun Mammolshainer Schwestern und ihre Ordenskolleginnen die größte Motivation ist.
Mit der Dorfgemeinschaft kommen die Heilig-Geist-Schwestern vor allem einmal im Jahr in Kontakt, wenn das Pfarrfest der Gemeinde auf ihrem Gelände gefeiert wird. Organisiert wird es stets von der ortsansässigen Kolpingfamilie, der Erlös kommt Kindern in Tansania zugute. Mittwochs und an jedem dritten Sonntag im Monat besuchen die Schwestern die Kirche St. Michael im Ortskern von Mammolshain, dann im Habit. Im Alltag tragen sie keine Ordenstracht, sondern eher weltliche Kleidung. „Unser Ordensgründer wollte, dass die Menschen sich mit uns identifizieren können und keine Berührungsängste haben“, erklärt Schwester Theresia.
Göttliche Fügung bestimmt den Namen

Der Convent verdankt seinen Namen und seine pfingstliche Ausrichtung der Antwort auf ein Gebet von Gründer Pfarrer Bendel. Der nämlich öffnete, nachdem der damalige Limburger Bischof Kempf ihn mit der Gründung eines Ordens beauftragt hatte, 1950 die Heilige Schrift auf der Suche nach einem Namen an einer beliebigen Stelle – und las in der Apostelgeschichte 2:17: „Allen Männern und Frauen, die mir dienen, will ich in jenen Tagen meinen Geist geben.“
Natürlich machen die Mammolshainer Schwestern sich Gedanken um das Fortbestehen. Deutsche Frauen wollten kaum noch ins Kloster gehen, beobachten sie. Vier von ihnen stammen aus Indien, fünf aus Tansania. Sie fühlen sich wohl im Königsteiner Stadtteil und arbeiten fleißig an ihren Deutschkenntnissen. Nachwuchs kommt derzeit vor allem weiter aus Indien und Tansania. Zum ostafrikanischen Land hat der Orden eine besondere Verbindung, seit der tansanische Bischof Joseph Kilasara Mammolshain 1964 besuchte und die Idee mit in seine Heimat brachte. Er gründete in Tansania selbst einen Heilig-Geist-Orden, seitdem ist der Austausch rege.
Bischof Bätzing zu Besuch

Zum Jubiläumsfest kam auch Bischof Georg Bätzing erstmals offiziell zu den Heilig-Geist-Schwestern. Eine große Ehre für die neun Frauen, die seine Predigt (siehe auch den Predigttext) als erbauend und mutmachend empfanden. Und auch, dass Schwestern aus der ganzen Welt anreisten, acht allein aus Tansania und zehn aus Indien. Schwester Cecilia, die das Mammolshainer Haus von 1997 bis 2009 erlebte und die mittlerweile wieder in Tansania lebt, reiste ebenfalls eigens an. Die Schwestern aus verschiedenen Ländern in ihren unterschiedlichen Habiten zu sehen, gemeinsam zu singen und zu feiern, war eine große Freude. Ebenso wie das, was rund um die Feier geschah: „Angemeldet hatten sich 250 Menschen zum Fest, gekommen sind 350 – und wir hatten nicht nur genug, sondern sogar noch Getränke und Essen übrig“, berichtet Schwester Theresia schmunzelnd. Da liegt der Gedanke an die wundersame Brotvermehrung nicht fern. Oder ist es doch eher die tansanische Gastfreundschaft? „In unserem Heimatland planen wir für Gäste niemals knapp“, sagt Schwester Cecilia. „So waren wir auch auf 100 Gäste mehr bestens vorbereitet.“